Der letzte D-Day

Diesen Beitrag zu schreiben fällt mir schwerer als jeder andere zuvor, denn es ist kein leichter.

Ich muss euch nun auch hier mitteilen, dass unsere wunderbare starke Kämpfermaus Haylie, am Ostersonntag, also vor genau Zwei Wochen, ihre letzte Reise angetreten ist. Nun haben wir einen weiteren D-day, den letzten D-Day: der 1. April 2018 – Day of death.

Ich könnte euch diesen traumatischen Tag ohne Probleme von Anfang bis Ende in jeden noch so kleinem Detail erzählen, das wäre ganz einfach. Denn ich erlebe diesen endgültigen Moment ihres Todes immer und immer wieder in meinen Gedanken, in meinen Träumen.

Ständig versucht mein Gehirn zu analysieren was passiert ist, zu verstehen was „schief“ gelaufen ist. Ständig malt es sich hundert verschiedene Szenarien aus und versucht zu erkunden, was alles hätte anders verlaufen können. Ständig muss ich in Gedanken den Ablauf mit den vielen Situationen in meiner Erinnerung, wo es immer noch „gut“ gegangen ist, vergleichen.

Es vergeht kein Tag ohne diese Gedanken. Und das obwohl ich im Kopf eigentlich weiß was passiert ist, und obwohl ich Haylies Entschluss, dass es nun genug Kampf war, sehr wohl verstehe und akzeptiere. Mein Herz scheint es noch nicht angenommen zu haben, und verlangt von meinem Gehirn es immer wieder durchzugehen.

Was ist also passiert?

Wir hatten einen guten Tag. Haylie ging es am Vormittag noch „so lala“, sie brauchte etwas Sauerstoff, aber alles in allem ging es ihr gut. Wir waren zum Mittagessen bei Stefans Eltern eingeladen und so haben wir uns am Vormittag noch etwas Zeit genommen, ich habe Haylies Haare gekämmt und ihr einen schönen Zopf geflochten, hab sie hübsch angezogen und zum Runtergehen fertig gemacht.

Unten bei den Großeltern ging es ihr dann richtig gut. Sie brauchte gar keinen Sauerstoff und lag ganz entspannt auf ihrem Platz auf der kleinen Bank. Wir alle haben sehr gut gegessen, gelacht, und Ostern gefeiert. Haylie bekam auch ein frisch gekochtes Mittagessen von Oma und ich habe sie ganz in Ruhe sondiert.

Weil es ihr so gut ging haben wir beschlossen Sie auch mit nach Mondsee zu nehmen, wo wir zum Ostern feiern bei meiner Tante eingeladen waren.

Wir haben uns mit allem Zeit gelassen, hatten gar keinen Stress.

Ich habe Haylie angezogen und wir haben Sie in den Kindersitz gelegt und machten uns auf den Weg nach Vöcklabruck, um dort meinen Bruder abzuholen, der uns nach Mondsee begleiten wollte.

Plötzlich machte das Auto Probleme. Es fuhr zwar ganz normal aber es beschleunigte stellenweise gar nicht mehr gut und bergauf zu fahren war sehr mühsam. Wir tippten auf einen Marderschaden (was sich die Tage später dann bestätigte) und fuhren mit meinem Bruder im Gepäck wieder nachhause. (Autobahn zu fahren wäre unmöglich gewesen in diesem Zustand des Autos) Mein Schwiegervater bot uns an sein Auto zu nehmen, was wir dann auch tun wollten.

Weil aber das ein und ausladen, sowie das umbauen des Sitzes etc für Haylie zu viel Anstrengung und Aufwand gewesen wäre, beschlossen wir, dass Stefan und Haylie zuhause bleiben würden und ich alleine mit Helena und meinem Bruder nach Mondsee fahren würde.

Wir schnallten Haylie also ab und Stefan trug sie wieder nach oben auf ihre Couch. Ich wollte ihr gerade die Jacke ausziehen, da bemerkte ich noch lange bevor der Monitor alarmierte, dass Haylie leicht bläuliche Lippen bekam. Ich dachte Sie hätte gerade zu viel Schleim im Hals durch das bewegen und fing an abzusaugen. Ich erwischte aber kaum Schleim, während Haylie immer blauer wurde und nun auch verkrampfte.

Sie hatte einen Krampfanfall. Wir reagierten sofort und gaben ihr ein Notfallmedikament rektal. Es schien aber nicht zu helfen, Haylie verkrampfte immer mehr und bekam schon Flecken im Gesicht, weil sie nicht mehr atmete. Also gaben wir ihr eine 2. Dosis. Leider auch ohne Erfolg.

Haylies Gesicht entspannte sich dann irgendwann wieder, aber sie war nicht mehr da. Sie atmete nicht mehr, reagierte nicht mehr auf Reize. Ich wusste es schon in diesem Moment, dass es nun vorbei war.

Wir versuchten natürlich trotzdem sie zum Atmen zu bringen. Ich stimulierte ihren Brustkorb, dann reanimierten wir. Wir beatmeten Sie und Stefan ließ sich am Telefon von der Rettung die Herzdruckmassage anleiten.

Irgendwann traf dann auch die Rettung ein und übernahm. Haylie wurde die Kleidung vom Leib geschnitten und die Pads vom Defibrillator angeklebt. Ein Schock wurde aber nicht empfohlen. Im Nachhinein wurde mir dann auch klar, dass das Gerät nicht einmal mehr ein Kammerflimmern aufzeichnen konnte, und daher der Schock nicht empfohlen wurde.

Die Notärztin traf dann auch ein und saugte erst mal viel ab, da Haylies gesamter Mageninhalt durch die Reanimation heraufkam. Sie wurde auch mit dem Ambo Beutel beatmet. Nach einer Weile kam die Ärztin zu uns und sagte das Haylies Herz von selbst nicht mehr schlagen würde und sie keinen funktionierenden Kreislauf mehr habe. Sie könnten alle Register ziehen und alles versuchen, aber Sie würde uns davon abraten. Haylie würde selbst wenn es gelingen würde sie „zurück zu holen“, nicht mehr dieselbe sein. Sie würde dann an Maschinen hängen, würde vielleicht schlimme Schmerzen haben, und würde vielleicht nie mehr aufwachen.

Ich wusste erst nicht was ich machen sollte. Ich war komplett überfordert. Es kam alles so überraschend, wir waren nicht bereit. Ich war nicht bereit. Ich wollte so gern für sie stark sein in diesem Moment. In meiner Vorstellung hätte ich gesagt wir lassen sie gehen, hätte sie gehalten während sie gestorben wäre und hätte sie meinen Herzschlag spüren lassen. Hätte ihr das Gefühl von Sicherheit gegeben. Hätte sie umarmt und ihr gesagt es ist ok. Sie darf gehen.

Aber ich war nicht so stark. Ich wollte sie nicht gehen lassen. Ich fragte ob man noch Adrenalin versuchen könnte und ob wir sie am Leben halten könnten bis ihr Papa da ist. Damit wir alle zusammen sein können, wenn der Moment da ist und sie geht.

Sie haben das auch versucht. Aber es war einfach nicht möglich in diesem Zustand einen Zugang zu stechen. Die Ärztin verlangte den Knochenbohrer um eine Knochennadel zu legen. Da war es vorbei mit mir.

Ich rief laut „Stopp!“ Das wollte ich nicht mitansehen. Das wollte ich meinem Mädchen nicht antun. Mit diesem Wort war die Grenze erreicht. Wir mussten sie gehen lassen. Es gab keinen anderen Ausweg.

Die Ärztin sagte mir mehrmals es sei die richtige Entscheidung, und dennoch kann so eine Entscheidung doch niemals richtig sein. Es ist einfach verkehrt – das alles war falsch. So hätte das alles nie sein sollen. Sie hätte gesund sein sollen, ein schönes Leben führen und ich hätte definitiv vor ihr sterben sollen.

Aber es ist anders gekommen, anders als wir trotz Diagnose und trotz anstrengender Pflege, trotz Alltag mit vielen Einschränkungen, irgendwie immer gehofft hatten.

Wir legten unsere leblose Maus also wieder hinauf auf ihre Couch, streichelten ihr Haar, wuschen ihr das Erbrochene aus dem Gesicht und dem Haar. Ich wechselte ihre Windel und zog ihr ein hübsches blaues Kleid an. Dann nahm ich sie auf meinen Schoß und legte Ihren Kopf zu meinem Herzen. Ich kuschelte mit ihr und sagte ihr noch viele Dinge. Ich streichelte sie, küsste sie, versuchte mir ihr wunderschönes, friedliches Gesicht in jedem Detail einzuprägen.

Dieser Tag war so schön, und endete so tragisch.

Wir kuschelten noch stundenlang, Haylies Papa kam, kuschelte stundenlang. Unsere Familien kamen, streichelten Sie, weinten, kuschelten, verabschiedeten Sie. Dann kuschelte ich wieder mit ihr. Immer wieder weinten wir, sprachen mit ihr und über sie. Alle kamen und sagten ihr wie sehr sie sie lieben und wie viel sie alle von ihr lernen durften. Später kam Haylies Papa noch einmal mit seiner Mama, damit auch Sie sich verabschieden konnte.

Der Arzt kam dann auch noch in Begleitung der Polizei, zu Totenbeschau und um alle Daten aufzunehmen, und als es dann ruhig wurde und alle nachhause fuhren, legten wir unsere Maus in ihr Bett, so wie wir es jeden Abend machten. Wir legten ihr ihren Wurm zwischen Arme und Beine zum kuscheln und deckten Sie zu. Sie sah die ganze Zeit wunderschön aus, als würde sie einfach nur friedlich schlafen.

Ich lag noch eine Weile bei ihr, bis ich dann auch irgendwann müde wurde und mich in mein Bett legte.

Haylie konnte dann noch bis zehn Uhr vormittags bei uns bleiben, wir konnten alle nochmal kuscheln und die letzten Stunden mit ihr verbringen, bis sie dann vom Bestatter abgeholt wurde.

Dieser Moment war der schwerste für uns alle. Wir legten Sie auf die Trage und gaben ihr noch letzte Küsse. Dann wurde der Sack geschlossen und sie war weg.

Dieser Tag war der schwerste von allen, bis jetzt.

Meine Tochter ist tot. Sie ist fort. Meine erstgeborene, mein großes Mädchen. Mein Herz.

All die Jahre hat sie mich inspiriert, hat mich motiviert. Hat mich verändert, mich verbessert. Immer wieder hat sie mir Kraft gegeben, mir Mut gemacht, mich niemals aufgeben lassen.

Und nun ist sie tot.

Und auch wenn ich immer wusste, dass der Tag kommen würde, so hatte ich doch immer gehofft sie noch länger bei uns haben zu dürfen. Aber Haylie hatte genug. Sie hatte genug vom Kämpfen, und genug davon das jeder Atemzug anstrengend war. Sie hat für uns so lange durchgehalten, hat uns noch jeden unserer Wünsche erfüllt. Sie konnte ihre kleine Schwester noch 20 Monate lang kennen lernen und ihre Liebe spüren, wir konnten noch einen wunderschönen Familienurlaub am Meer machen, und sie hielt sogar noch bis zu unserer Hochzeit durch und schenkte mir den schönsten Tag im Leben. Selbst die vielen Lungenprobleme und die Magendarm Grippe hat sie überstanden, bestimmt weil sie einfach nicht im Krankenhaus sterben wollte. Sondern daheim, bei uns. Im Kreise der Menschen die sie so sehr liebten. Und nun war ihre Zeit gekommen. Sie wollte in ihr neues Leben starten, einem in dem sie laufen und lachen und gesund und glücklich sein darf.

Und das hat sie sich auch wirklich verdient. Ich schließe Frieden mit ihrem Entschluss, auch wenn es mir so sehr weh tut, nun ohne Sie weiterleben zu müssen. So kann ich sie auch verstehen. Sie hat es verdient ohne Anstrengung und ohne unangenehme Gefühle (wie beim absaugen) und ohne Schmerz zu sein.

Wir leben weiter. Das müssen wir, das hätte sie sich von uns gewünscht.

Wir sprechen weiterhin von ihr, jeden einzelnen Tag. Wir sagen ihr weiterhin jeden Morgen „Guten Morgen“ und jeden Abend „Gute Nacht“ und wie sehr wir sie lieben. So wie wir es schon immer machten, jeden Tag. Unsere Liebe bleibt, und wird für immer bleiben.

Wir kämpfen weiter in ihrem Namen für die Heilung von Tay-Sachs und für eine bessere Versorgung von palliativ erkrankten Kindern in Österreich. Wir verbreiten ihre Botschaft weiterhin, dass Liebe das allerwichtigste ist, und werden durch ihre Geschichte auch weiterhin die Herzen der Menschen verändern.

Für unsere starke Maus. Unsere Superheldin!

Unser Liebe ist unendlich.

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D-day die sechste

Gestern war er wieder. Der verhasste schwarze Tag in meinem Kalender.

Unser D-Day.

Der Tag der alles veränderte. Der Tag, an dem damals vor sechs Jahren mein Leben als junge, hoffnungsvolle Mama, die es nicht erwarten konnte ihr Mädchen aufwachsen zu sehen, endete. An dem ich zu einem Schatten-ich wurde, einer anderen Mama.

Einer schmerzgeplagten, ängstlichen, weinerlichen Mama. Einer hassenden, und kämpfenden Mama aber auch einer noch liebevolleren, noch aufopfernderen Mama.

Und nun 2017 wiederholt sich dieser Tag bereits zum sechsten mal.

Was würde ich dafür geben diesen Tag einfach überspringen zu können oder den ganzen Tag im Bett bleiben zu können und durchzuschlafen und erst am nächsten Tag, also heute wieder aufzuwachen.

Aber das geht nicht. Nicht mit Zwei Kindern. Und so musste ich da wieder durch, schon das verdammte sechste Mal. Und wieder kam alles hoch, was damals mein Leben so auf den Kopf stellte.

Wieder sehe ich das Containergebäude der Kinderambulanz im Landeskrankenhaus Salzburg. Wieder sehe ich das Schild des Untersuchungszimmers 2. Wieder sitze ich dort auf dem grünen (oder war‘s ein blauer) Stuhl und höre die Worte von Haylies Neurologen in meinem Ohr wiederklingen.

“ Die genaue Diagnose wird erst der Gen Test bestätigen können. Aber was ich leider schon sagen kann ist, dass die Krankheit mit einem tödlichen Verlauf einhergeht.“

„Nur wenige Jahre“

„tödlicher Verlauf.“

Keine Mama der Welt sollte jemals diese Worte hören müssen, und doch hör ich sie immer wieder. Pünktlich am 25.Juli. Wie eine verdammte Endlosschleife an Qualen.

Wird sich das jemals ändern? Wird der 25.Juli jemals nicht mehr der mit Abstand schlimmste Tag meines Lebens sein?

Dieses Jahr hat mich Haylies Foto, das Facebook durch die Erinnerungsfunktion herausgeworfen hat, am meisten getroffen. Dieses Bild zeigt dieses fröhliche kleine Mäuschen, lächelnd, zufrieden, wie sie immer war. Sie hat so viel gelächelt und so viel gequatscht. Wir waren so unglaublich verliebt in dieses fröhliche kleine Menschlein.

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Aber dieses Mädchen auf dem Bild gibt es nicht mehr. Haylie ist nicht mehr dieselbe. Sie hat sich so verändert. Die Krankheit zeichnet sich in ihrem ganzen Körper ab. Und ihr Lächeln, ihr wundervolles Lächeln, das fehlt so sehr.

Haylie ist eine andere als sie es damals war. Sie ist vielleicht nicht mehr so fröhlich, kann nicht mehr lächeln oder quatschen, aber ihre Persönlichkeit ist dennoch immer noch beeindruckend. Sie kämpft immer noch tapfer, wie eine Löwin.

Und trotz all der Schei..e, diese Vorhölle, durch die wir schon gehen mussten, darf ich mich glücklich schätzen, denn meine Tochter lebt immer noch. Sie ist noch hier.

Und das tue ich auch. Ich bin glücklich. Ich bin stolz.

Aber nicht am 25.Juli. Da kann ich nicht positiv denken. Da kann ich nicht stark sein. Da kann ich nicht kämpfen.

Da ist der Tag mal einfach nur schwarz.

 

Wir hatten mal wieder Service

Wenn man ein Auto fährt, weiß man, dass dieses immer mal wieder einen Service braucht. Öl muss gewechselt werden, die Räder und der Motor kontrolliert usw. Das macht man einmal im Jahr damit das Auto schön fit bleibt und verlässlich weiterfährt.

Und auch bei einer Krankheit wie Tay-Sachs muss man immer mal wieder einen Service machen. Den hatte Haylie Montag und dienstags, darum waren wir für eine Nacht im Krankenhaus und somit entfielen die Top of the Week, die ich ja eigentlich jeden Montag mit euch teile. Ich hoffe ihr verzeiht, dass dafür im Krankenhaus leider keine Zeit war.

Aber schon morgen bekommt ihr die aktuelle Liste!

Da hatten wir also mal wieder Service und was soll ich sagen, es lief besser als erwartet! Haylie hatte eine Reihe von Untersuchungen, und die Ergebnisse haben uns sehr verwundert aber auch umso mehr erfreut! Es geht ihr nämlich mal richtig gut!

Ihr Blutbild sah sehr gut aus, bis auf einen Eisenmangel gegen den sie jetzt Tropfen bekommt, scheint es ihr rundum gut zu gehen!

Die Kieferchirurgische Untersuchung ergab auch nur positives: Die letzten Milchzähne die Haylie noch hat, haben zwar Zahnstein, sind aber nicht kariös und müssen somit auch nicht gezogen werden. Ihr Zahnfleisch ist so geschwollen, weil neue Zähne nachkommen, nicht wegen einer Entzündung wie vermutet. Alles fein also!

Die Augenuntersuchung ergab das Haylie wohl eine Lederhautentzündung hatte, darum blieben auch dunkle Flecken in ihrem Glaskörper, aber es ist alles abgeheilt und sieht nun gut aus. Allerdings sind ihre Augen zu trocken, weil sie sie nicht immer ganz schließt und sehr wenig blinzelt. Das behandeln wir nun mit einem Augen Gel.

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Den Mic-key Button (die Magensonde) muss man auch alle 6 Monate austauschen, das ging einwandfrei und war gut dass wir erledigt haben, denn der hätte wohl keine Woche mehr gehalten.

Und zu gut der letzte die größte Baustelle unseres Services: Das Auffrischen der Botox Injektionen.

Das ist immer etwas heikel, denn Haylie braucht dafür eine Sedierung, eine kleine Narkose. Und dabei kann man nie wissen wie ihr Kreislauf darauf reagiert. Es hätte sein können, dass sie nicht selbstständig weiteratmet und beatmet werden muss. Es kann im schlimmsten Fall auch sein, dass sie mit dem Herzen reagiert. Man kann es einfach nicht vorhersagen wie sie es wegsteckt.

Warum ist das überhaupt nötig und für was ist das Botox, fragt ihr euch?

Botox ist nicht nur ein Mittelchen der Schönheitschirurgie, es wird auch in vielen anderen Bereichen angewendet. So zb bei Inkontinenz und Blasenschwäche, zur Behandlung neurologischer Bewegungsstörungen oder eben bei Hypersalivation – also übermäßigem Speicheln.

Durch eine gezielte Injektion von Botulinum toxin (Botox) in die Speicheldrüsen kann so die Produktion des Speichels gehemmt werden. Allerdings muss man dies alle 4-6 Monate wiederauffrischen damit die Wirkung bleibt.

In Haylies Fall ist das Botox ein kleiner Helfer der verursacht, dass sie weniger Speichel produziert, an dem sie sich einerseits verschlucken kann, sie daher in der aufrechten Position sehr einschränkt und über den sie andererseits recht viel Natrium verliert, was wiederum dazu führt, dass Haylie mehr epileptische Anfälle hat. Durch das reduzieren der Speichelproduktion sollte sie auch weniger Natrium verlieren.

Soweit die Theorie.

Somit hatten wir einen Termin im OP am Dienstagmorgen schon sehr früh. Und weil unsere Ärztin das Gefühl hatte, dass Haylie respiratorisch in schlechterem Zustand war als bei der letzten Botox Injektion stand erst die Frage im Raum ob wir es überhaupt riskieren sollten. Für alle Fälle wurde ein Bett auf der Kinderintensivstation für Haylie reserviert und das alleine nur zu wissen machte uns natürlich Angst.

Die Anästhesie Ärztin hat uns dann wieder etwas beruhigt, und Haylie ging es alles in allem sehr gut, sie sättigte sehr brav und ihre Lunge hörte sich sehr gut an. Darum entschieden wir uns den Eingriff wie geplant machen zu lassen.

Und Gott sei Dank – es ging alles gut! Sie hat die Sedierung sehr gut weggesteckt und brauchte überhaupt keinen Sauerstoff! Meine starke kleine Kämpferin!

Sie sättigte so gut, dass wir sogar am selben Tag noch heim durften! Richtig toll!

Wir sind froh, dass unser Aufenthalt so kurz und erfolgreich war und wir wieder daheim sein können, wo der Bad Umbau in vollem Gange ist!

Mit einem Kind wie Haylie PLUS sehr aktiven kleinen Schwester Helena, die sehr viel Aufmerksamkeit braucht kann es nämlich gleich mal sehr anstrengend werden im Krankenhaus.

Schön wieder daheim zu sein!

Alles Liebe für euch und morgen kommt dann, zwar verspätet aber wie versprochen die Top of the Week Beiträge der österreichischen Familienblogs der letzten Woche!

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Rare Disease Day – Was bedeutet dieser Tag für Betroffene?

++ Kooperation ++

Am 28. Februar war der internationale Tag der seltenen Krankheiten – der Rare Disease Day. Dieses Jahr fand er unter dem Motto „Forschung bringt Hoffnung“ statt. Aber was bedeutet es, wenn man selbst von einer seltenen Krankheit betroffen ist? Wie wichtig ist der Rare Disease Day?

Für uns ist es ein sehr wichtiger Tag im Jahr, denn an diesem Tag wird endlich das Scheinwerferlicht auch mal auf die seltenen Krankheiten, so wie das Tay-Sachs Syndrom eine ist, gerichtet. Ein Tag im Jahr wo selbst die Medien Interesse an diesem sensiblen Thema haben. Und darum möchte auch ich heute wieder ganz bewusst das Scheinwerferlicht auf das Tay-Sachs Syndrom richten. Wie sieht unser Leben aus? Gibt es denn Hoffnung durch die Forschung?

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Wie alles begann:

Am 25.Juli 2011, an unserem D-Day, bekam ich die schrecklichste, lebensverändernde Hiobsbotschaft meines Lebens: Meine Tochter Haylie hat das Tay-Sachs Syndrom. Eine seltene autosomal rezessiv vererbte Stoffwechselkrankheit, die bisher weder heil- noch behandelbar ist und in wenigen Jahren unweigerlich zum Tod führt.

Unser Leben, mein Leben, lag in Trümmern. Monatelang wurde Haylie auf alles Mögliche getestet. Es wurde Blut abgenommen, EKG und EEG geschrieben, Ultraschall der Fontanelle gemacht, ja selbst ein MRI wurde durchgeführt um endlich zu erfahren woran meine süße kleine Tochter, damals 14 Monate alt, litt.

Seitdem der Kinderarzt, als Haylie 8 Monate alt war, das erste Mal einen Entwicklungsrückstand diagnostizierte und uns zur Physiotherapie schickte, hatte ich tagtäglich Angst um mein Kind. Die Monate der Diagnosefindung waren lang und unerträglich. Immer wieder packt einen die Angst, man googelt, findet hunderte schreckliche Krankheiten, von denen symptomatisch einige passen würden, und lebt trotzdem gleichzeitig in der Hoffnung, dass es vielleicht etwas nicht allzu Schlimmes sei. Ich habe mir immer nur gedacht: „Bitte eine Krankheit die man behandeln kann, egal was, Hauptsache es gibt Medikamente dafür.“ Das war die große Hoffnung die mich während dieser Monate aufrecht hielt.

Und auch wenn einem die Hoffnung in dieser Zeit Kraft gibt, zieht einem die Angst immer wieder den Boden unter den Füßen weg. Es ist ein fast unerträglicher Zwiespalt zwischen panischer Angst, Vorahnung und Hoffnung.

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Aber warum hat es so lange gedauert bis man eine Diagnose gefunden hat?

Das Tay-Sachs Syndrom betrifft nur eines von 320.000 Kindern, laut Statistik. Trotzdem habe ich seit der Diagnose 2011 kein weiteres Kind in Österreich kennengelernt. Tay-Sachs ist also eine seltene Krankheit unter den seltenen Krankheiten. Selten hoch zwei, wenn man so will.

Das erschwert die Diagnosefindung extrem. Denn um die richtige Diagnose zu finden wenden die Ärzte ein Ausschlussverfahren an. Sie testen also erst hunderte andere Krankheiten – die nicht ganz so selten sind und tasten sich mit jedem negativen Befund weiter heran an die selteneren Krankheiten. Außerdem braucht ein Arzt schon ein besonderes Fingerspitzengefühl um die speziellen Symptome richtig zu erkennen und gleich in die richtige Richtung zu testen.

Haylie war für unseren Neurologen das erste Kind, bei dem er diese Diagnose aussprechen musste. Er kannte die Krankheit auch nur vom Studium. Das muss man sich erst mal vorstellen! So gesehen hatten wir Glück so einen guten Arzt zu haben der recht schnell den richtigen Riecher hatte. Denn für eine seltene Krankheit ist die Zeitspanne von 6 Monaten zur Diagnosefindung sogar relativ schnell.

Aber was tust du nachdem du so eine Diagnose bekommst? Wie lebst du weiter mit diesem Wissen?

Das war und ist immer noch die größte Herausforderung für mich. Denn selbst 6 Jahre nach der Diagnose gibt es immer noch keine Behandlung. Es gibt Versuche mit Medikamenten die eigentlich für andere Krankheiten entwickelt wurden, es gibt eine neue Studie in Spanien einer Inflammasom Komplex-basierten Therapie für Tay-Sachs und es gibt die Forschung an der Gen Therapie. Aber es gibt noch keine Heilung. Immer noch sterben Kinder auf der ganzen Welt an dieser Krankheit. Die Gen Therapie ist auf einem sehr guten Weg und wenn alles richtig gut läuft könnte es möglicherweise schon 2018 zur ersten klinischen Studie am Menschen kommen. Und in dieser Therapie steckt die größte Hoffnung für Tay-Sachs Patienten.

Für Haylie wird allerdings auch diese Studie zu spät kommen. Ich kann also nur als Außenstehende zusehen und hoffen das andere Familien in Zukunft nicht mehr so sehr leiden müssen, nicht mehr so viel Angst haben müssen, nicht mehr so ein Trauma durchleben müssen, wie ich es muss, und wie so viele andere Mütter und Väter tagtäglich müssen.

Aber selbst wenn Haylie eine geeignete Patientin für diese Studie wäre, würde ich sie in die Studie geben?

Auch das ist eine sehr schwere Entscheidung für die betroffenen Eltern. Denn ist das Kind Teil so einer experimentellen Studie, dann ist es gleichzeitig auch ein Versuchskaninchen. Und niemand weiß wie die Prozedur ablaufen wird. Sie ist bisher nur an Tieren getestet. Was wäre, wenn sie am Menschen völlig anders abläuft? Das Kind könnte dabei schwere Schäden erleiden oder sogar sterben.

Wie also kann man sich dazu entscheiden sein eigenes Kind als Versuchskaninchen in so eine Studie zu geben?

In unserem Fall würden wir es definitiv tun. Denn im Grunde wäre es die einzige Chance für Haylie. Und wenn sie dabei Schäden erleiden würde, dann würde ich mir denken sie hätte durch die Krankheit so oder so Schäden davongetragen. Und würde Sie dabei sterben, dann wäre es die Hölle, unfassbar traurig, unbeschreiblich, aber ihr Tod wäre dann nicht umsonst. Das wäre ein Gedanke der mir in der Trauer bestimmt helfen würde. Sie hätte eine größere Aufgabe erfüllt und damit dazu beigetragen das Sterben dieser unschuldigen Kinder zu stoppen.

Leider wird diese Studie so oder so für Haylie zu spät kommen.

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Warum gibt es noch keine Heilung für das Tay-Sachs Syndrom?

Die große Seltenheit ist bestimmt eine der größten Herausforderungen für die Forschung. Daher gibt es auch nur wenige Ärzte weltweit die an dieser Krankheit forschen, der wahrscheinlich wichtigste ist Professor Timothy Cox aus Cambridge, England. Ein Mann der mit ganzem Herzen für die Heilung dieser Krankheit kämpft. Aber Männer oder Frauen wie ihn gibt es leider nicht sehr viele auf dieser großen Welt.

Eine weitere Herausforderung ist wie so oft das liebe Geld. Die verhältnismäßig kleineren Betroffenengruppen machen es den Ärzten und der Pharmaindustrie oft schwer. Es ist nur zu verständlich, dass Krankheiten an denen sehr viele Menschen leiden einen höheren Handlungsdruck auslösen. Auch muss man bedenken, dass eine solche Forschung wie die an der Gen Therapie für Tay-Sachs, Millionen, wenn nicht sogar Milliarden kosten kann, und die Entwicklung eines Medikamentes dann auch noch eine gefühlte Ewigkeit dauert. Das alles muss finanziert werden. Bei häufigen Krankheiten ist es einfacher da mehr Patienten das Medikament kaufen werden, somit kann man die Kosten langfristig wieder hereinbringen und sogar noch daran verdienen. Bei so wenigen Patienten wäre das Medikament schlichtweg nicht leistbar, wenn man es nach demselben Schema entwickeln würde.

Daher ist die Forschung oft sogar ausschließlich auf Spenden angewiesen. Und je seltener die Krankheit ist, desto weniger Menschen wissen überhaupt davon, desto weniger Organisationen gibt es, desto weniger wird darauf aufmerksam gemacht und desto weniger wird eben dadurch gespendet. Es ist also ein Teufelskreis.

Und diesen Teufelskreis gilt es am Rare Disease Day zu durchbrechen und etwas zu bekommen was außerhalb des medialen Interesses eher schwer zu bekommen ist: Aufmerksamkeit.

Darum ist der Rare Disease Day und alle Aktionen die damit verbunden sind für Betroffene unglaublich wichtig!

Anlässlich diesem internationalen Aktionstages hat der Pharmakonzern Pfizer eine tolle Aktion gestartet von der ich euch gerne ein paar Einblicke geben möchte. Um mehr Aufmerksamkeit auf die seltenen Erkrankungen zu lenken waren einige Promotion Teams von Pfizer auf Berlins und Freiburgs Straßen unterwegs, und luden Passanten dazu ein sich mit einem orange-färbigen X fotografieren zu lassen. Die Fotos findest du hier: auf der Aktionswebsite von Pfizer!

Was hat das nun mit dem Rare Disease Day zu tun?

Ganz einfach: Pfizer spendete für jedes aufgenommene Foto € 5,- an die Ullrich-Turner-Vereinigung Deutschland e.V.!

Aber warum ein orange-färbiges X?

Das Ullrich Turner Syndrom ist, wie so viele seltene Krankheiten, genetisch bedingt und das X steht für das X-Chromosom, welches bei dieser Krankheit verändert ist, und so diese Krankheit auslöst!

Auch Nicht-Berliner oder Freiburger konnten helfen, denn Pfizer spendete einen weiteren Euro für jeden retweeteten Post von Pfizer bei Twitter. So entstanden am diesjährigen Rare Disease Day rund 500 Fotos und einige Retweets. Pfizer entschloss sich die Spendensumme auf € 5000,- aufzurunden!

Eine tolle Aktion für eine seltene Krankheit! Wenn du mehr erfahren möchtest besuche die Aktionswebsite!

PS: Erinnert ihr euch an den Rare Disease Day im letzten Jahr? Da habe ich gemeinsam mit einigen anderen Betroffenen Eltern ein Ebook veröffentlicht – wers noch nicht hat, kann es immer noch kostenlos herunterladen!

Rare Disease Day 2016

Wusstet ihr das am 29.Februar der internationale Rare Disease Day – also der Tag der seltenen Krankheiten ist?

Diesen speziellen Tag gibt es seit 2008, um auch den seltenen Krankheiten einmal im Jahr Aufmerksamkeit zu schenken und um anhand von Öffentlichkeitsarbeit die selten Krankheiten sozusagen mal ins Scheinwerferlicht zu stellen, und somit mehr Bewusstsein zu schaffen.

Dieses Jahr findet der Rare Disease Day unter dem Motto „Erhebt eure Stimme – Gemeinsam für die Seltenen“ statt.

Als seltene Krankheit wird übrigens ein Leiden bezeichnet das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem in der EU nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind.

Das Tay-Sachs Syndrom, an dem meine Tochter Haylie leidet, ist eine dieser seltenen Krankheiten, es tritt nur bei einem unter 320.000 Menschen auf.

Es ist also ganz besonders selten, und für uns ein wichtiger Grund um am Rare Disease Day unsere Stimme zu erheben und auf diese schlimme Krankheit aufmerksam zu machen!

Und um auch gehört zu werden haben wir neben dem Infostand unseres Vereins Hand in Hand gegen Tay-Sachs und Sandhoff bei der jährlichen Rare Disease Day Veranstaltung im Europark Salzburg , ein ebook gestaltet, mit Berichten und persönlichen Geschichten von betroffenen Eltern.

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Das ebook „Ein Tag mit Tay-Sachs“ bekommt ihr anlässlich dem Rare Disease Day umsonst, in den gängigsten ebook-shops (Amazon, itunes, thalia,..) und wer gerne meinen persönlichen Bericht über unseren Tag mit Tay-Sachs lesen möchte ist herzlich eingeladen bei dem Salzburger Mama-Blog Gänseblümchen & Sonnenschein vorbeizuschauen, dort durften ich unseren Bericht als Gastautorin veröffentlichen.

Ich würde mich von Herzen freuen wenn ihr das ebook fleißig herunterladet und den Link dazu fleißig teilt, denn es bedeutet mir einfach so viel Haylies Krankheit bekannter zu machen, und auf diesem Weg auch die Forschung zu unterstützen.

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Erhebt auch ihr eure Stimme für die Seltenen!

PS: Wer Lust hat kann mich am Samstag Vormittag bei unserem Infostand im Europark besuchen und kennenlernen, oder mir live dabei zusehen wie ich auf der Bühne über das Tay-Sachs Syndrom spreche bei der Podiumsdiskussion mit verschiedenen Ärzten und Vertretern der Salzburger Selbsthilfegruppen. 🙂